Capless und Konsorten

Ich möchte eine Art von Füllern vorstellen, die sich bei mir seit rund 10 Jahren als zuverlässige und praktische Alltagsbegleiter bewährt haben.
Die Rede ist vom Capless, auch Vanishing Point genannt. Ursprünglich wurde er vom japanischen Hersteller Pilot entwickelt und in den 60er Jahren auf den Markt gebracht. Im Laufe der Zeit hat er sich optisch immer mal wieder leicht verändert.

Dieser Beitrag wurde bereits im September 2019 verfasst, von mir derzeit aber nicht veröffentlicht. Ich habe ihn nun aktualisiert und ergänzt, dies ist das Ergebnis. Auch einige Bilder stammen noch aus der Zeit.

Diese Füller haben eine Druckmechanik, ähnlich der eines Kugelschreibers. Damit sind sie vor allem für viele kurze Notizen geeignet, da keine Kappe geöffnet und geschlossen werden muss.
Der Capless ist aus Metall gefertig und in verschiedenen Farben verfügbar. Es gab und gibt immer wieder Sondereditionen mit anderen Farben, Oberflächen oder Designs.

Grob gesehen besteht der Füller aus drei Teilen: Der Korpus kann etwa mittig aufgeschraubt und die Federeinheit heraus genommen werden. Durch eine Erhöhung auf Oberseite der Federeinheit wird sichergestellt, dass sie immer richtig herum im Korpus sitzt, bevor man ihn zusammen schraubt.
Pilot hat ein eigenes Patronensystem, hierzulande gängige Patronen oder Konverter passen nicht hinein. Es gibt Patronen in verschiedenen Farben, oder Konverter für Tinten aus dem Fass, wobei in den Capless nur der CON-40 von Pilot passt (oder der nicht mehr angebotene CON-50, der auch auf den Fotos zu sehen ist). Der CON-70 ist zu lang für den Capless.

Das Volumen der zugehörigen Konverter ist im Vergleich eher klein, so dass ein Capless öfter nachgefüllt werden muss. Wichtig ist, dass hierfür die Federeinheit aus dem Korpus entfernt werden muss, das Loch sitzt relativ weit oben, dort, wo die Feder in der Hülse verschwindet. Das Tintenglas muss entsprechend voll genug sein, um den Füller noch betanken zu können.
Die Patronen haben ein größeres Volumen, müssen aber mit einer Spritze oder Pipette befüllt werden. Dafür lässt sich auf diese Weise Tinte bis zum letzten Tropfen verwenden, beides hat seine Vor- und Nachteile. Bei der Verwendung mit Patronen wird auf die Patrone noch eine undurchsichtige Metallhülse aufgesteckt, damit der Drückmechanismus zuverlässig funktionieren kann.

Der Clip ist im Griffbereich positioniert und wird von einigen Schreibern als störend empfunden. Mir bereitet er keine Probleme, alle meine Schreibhaltungen sind damit kompatibel. Der Grund für diese Position ist, dass der Füller so mit der Feder nach oben in (Hemd-) Taschen gesteckt und befestigt werden kann.

Beim Drücken des Knopfes am Ende, wird die Feder von innen gegen eine Klappe gedrückt, wodurch die Klappe sich öffnet und die Feder aus der Spitze hervortritt. Dort rastet sie ein und der Füller ist schreibbereit.
Drückt man den Knopf erneut, wird die Feder wieder eingezogen und die Klappe geschlossen.
Dieser Mechanismus führt dazu, dass die Feder und die Klappe sich gegenseitig berühren und dadurch Tinte verteilt wird. Das sieht nicht immer schick aus, ist aber in der Benutzung problemlos. Da der Tintenleiter außerdem konstruktionsbedingt lang und schmal ist, kann die Tinte im Laufe der Zeit etwas antrocknen. Auch im Inneren ist immer mal wieder etwas Tinte zu finden, daher empfiehlt es sich neben der Feder und dem Tintenleiter auch den vorderen Teil des Korpus immer mal wieder von vorne und innen auszuspülen, um die Verschlussklappe zu reinigen.

Mein erster Capless kommt in einem schlichten Rot-Silber daher und ist mit einer “special alloy steel nib”, also Stahlfeder mit Speziallegierung, in Stärke M ausgestattet.

Die Feder ist recht hart und robust, schreibt angenehm schmal mit gutem Fluss und ist in meinem Fall vergoldet. Warum ein silberner Füller mit einer vergoldeten Feder kommt habe ich nicht hinterfragt, mich stört es nicht.
Ich habe diesen Füller primär mit dem mitgelieferten Konverter betrieben und keine Probleme damit gehabt. Es soll wohl vorkommen, dass der Drückmechanismus besser mit einer Patrone und der zugehörigen Metallhülse zurecht kommt.

Dieser Füller war bei mir mehrere Jahre mit der wasserfesten Nano-Pigmenttinte sei-boku von Sailor im Einsatz. Die Tinte lief zuverlässig aus der Feder und machte auch mit einfacheren Papieren keine Probleme.
Da die Tinte nicht wasserlöslich ist, wird der Reinigungsaufwand höher und es empfiehlt sich mit speziellen Füllhalterreinigern zu arbeiten.
Wichtig ist, nicht nur den Tintenleiter zu spülen, sondern die Feder selbst ein paar Minuten in ein Röhrchen mit dem Reiniger zu stellen, damit die Tintenreste an der Feder gelöst werden. Ich hatte sonst das Problem, dass die Feder verklebt und der Fluss versiegt.
Werden diese Punkte aber beachtet, kann auch ein Capless mit wasserfester Tinte langfristig genutzt werden.

Der Füller wurde auch mit anderen Tinten betankt, das war aber vergleichsweise selten der Fall. Allerdings habe ich dann immer auf fließfreudige Tinten wie beispielsweise deAtramentis oder Diamine gesetzt, es macht mir einfach keinen Spaß, wenn der Tintenfluss zu trocken wird.
Am besten ist es natürlich, eine Tinte von Pilot zu verwenden. Die Iroshizuku-Tinten sind auf Ölbasis hergestellt und fließen somit noch besser als die in Europa hergestellten Tinten auf Wasserbasis.

Zwei Jahre nach dem ersten Capless gesellte sich ein zweiter Capless in Schwarz-Gold mit 18k-Goldfeder im M dazu, allerdings nutzte ich den sehr viel weniger, da mir seine Feder für den Alltag derzeit nicht so sehr zusagte. Aus diesem Grund ist er vor einigen Jahren weiter gezogen, um einem anderen Schreiber Freude zu machen.

Auch wenn der Capless seinen großen Vorteil bei häufigen kurzen Notizen hat, kann ich mit ihm auch länger am Stück angenehm schreiben. Ich mag die Größe und das Gewicht sehr gerne, den Clip spüre ich nicht und ich finde es sehr praktisch keine Kappe in der Hand zu halten, oder irgendwo ablegen zu müssen.

Pilot hat seit vielen Jahren neben dem Standardmodell noch zwei weitere Modelle im Angebot. Der Décimo ist schmaler und leichter, der Fermo dagegen mit einer Drehmechanik ausgestattet und dadurch noch etwas schwerer.
Insbesondere der Décimo wird ebenfalls in vielen Farben angeboten, während der Fermo eher unbekannt und in Europa kaum zu finden ist.

Seit vier Jahren gibt es außerdem die Variante “LS”, die für “Luxury Silent” steht. Hier ist die Drückmechanik mit einer Drehmechanik kombiniert.

Zum Ausfahren der Feder wird wie beim Standardmodell der Knopf gedrückt, zum Einfahren wird dagegen der Ring unterhalb des Knopfes gedreht. Dabei muss er nicht vollständig gedreht werden, es reicht ihn anzustubsen, dann dreht sich der Ring von selbst weiter und die Feder wird automatisch eingezogen.
Beim Ausfahren dreht sich der Ring beim Drücken des Knopfes um 270° mit, zum Einfahren dreht er sich automatisch in seine Ausgangsposition zurück. Die Feder kann auch durch Drehen ausgefahren werden, durch den langen Drehweg finde ich es aber nicht praktikabel, weil man beide Hände braucht.
Beworben wird der Füller vor allem damit, dass die Mechanik nicht mehr zu hören ist. Tatsächlich ist sie sehr leise und kaum hörbar, während die Standardvariante gut hörbar “klickt”.
Für mich ist der LS ein äußerst gelungener Füller, der allerdings auch einen stolzen Preis hat und aus dem Grund bei mir nur in geschütztem Umfeld zum Einsatz kommt, dann aber mein Favorit ist.

Es gibt inzwischen einige Füller-Modelle, die auf eine Kappe verzichten und mit Drück- oder Drehmechanik ausgestattet sind. Der Lamy Dialog zum Beispiel ist eines solcher Modelle und schon lange auf dem Markt vertreten. Hier gibt es sogar Varianten, bei denen der Clip beim Ausfahren der Feder versenkt wird, damit er beim Schreiben nicht stört.
Außerdem gibt es noch den Platinum Curidas, der aus Kunststoff gefertigt ist und eher den günstigeren Markt bedient.

Die Chinesen kopieren den Capless seit einige Zeit auch erfolgreich, insbesondere der Majohn (ehemals Moonman) A1 ist mit dem Standard-Capless vergleichbar. Der Majohn A2 besteht aus Kunststoff und ist leichter, der Majohn A3 soll den LS kopieren, hat dabei aber einen ziemlich ungünstig platzierten Clip bekommen. Der Nachteil ist hier, dass nur schmale Federn angeboten werden. Majohn hat nur EF, den Jinhao 10 bekommt man immerhin in EF und F.

Ich selber habe einen Majohn A1, der dann zum Einsatz kommen soll, wenn mir meine originalen Capless-Füller zu schade sind. Natürlich gibt es Unterschiede zu den Modellen von Pilot, die Drückmechanik des Majohn ist nicht ganz so weich und “rund” wie beim Standard-Modell, aber der Preisunterschied muss ja seine Gründe haben.
Leider zeigt er bei mir inzwischen Schwierigkeiten mit dem Eintrocknen der Tinte, auch wenn ich ihn gut gereinigt habt und waagerecht lagere, was den Schreibspaß doch wesentlich eindämmt.